Alles zum Thema Masern-Impfpflicht für Kinder: was Eltern für Kindergarten und Schule wissen sollten.
Die Entscheidung fiel im November vorletzten Jahres: Seit 1. März 2020 gilt in Deutschland eine Masern-Impfpflicht. Vor der Aufnahme in Kitas oder Schulen müssen die Eltern von nun an nachweisen, dass ihre Kinder geimpft sind. Auch Beschäftigte von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kitas sind in der (Impf-)Pflicht. Was steckt hinter dem Gesetz, was soll es bewirken und wie sinnvoll ist es? Wir haben uns schlau gemacht zum Thema Masern-Impfpflicht für Kinder. Alles, was Eltern für Schule und Kindergarten wissen sollten, haben wir für euch zusammengefasst.
Wer an Kinderkrankheiten denkt, erinnert sich vermutlich an seine eigenen meist harmlosen Erfahrungen mit Mumps, Keuchhusten und Co.: Im Bett bleiben, auskurieren und zurück ins Leben. Allerdings verlaufen diese Krankheiten nicht immer glimpflich. Es handelt sich bei den meisten dieser Krankheiten um hoch ansteckende Virusinfektionen, die einen dramatischen Verlauf nehmen können. Masern ist genau so eine Krankheit: Sie gilt als extrem ansteckend. Nahezu jeder Kontakt zu einer erkrankten Person führt zu einer Erkrankung. Die Erreger verbreiten sich durch Husten, Niesen oder Sprechen über die Luft. Besonders gefürchtet sind seltene Komplikationen und Folgeerkrankungen, zum Beispiel Lungen- oder Hirnhautentzündungen.
Das Masernvirus gehört laut Robert Koch-Institut (RKI) bereits zu den zehn häufigsten Infektionskrankheiten und der Anteil tödlicher Verläufe ist besonders hoch. Bei 1.000 bis 2.000 Erkrankungen gibt es einen Todesfall, weltweit sterben mehr als 100.000 Menschen an Masern. Es ist also extrem wichtig, dass jedes Kind früh geimpft wird, um die Krankheit vollständig auszurotten und weitere Todesfälle zu vermeiden.
Masern dauerhaft verhindern
Trotz ständig neuer Aufklärungskampagnen erkranken in Deutschland noch immer zu viele Menschen an Masern. Allein im letzten Jahr wurden laut Robert Koch-Institut bis Mitte Oktober 501 Masernfälle registriert. Mit der Impfpflicht sollen die Masern dauerhaft verhindert werden.
Allerdings müssen 95% der Kinder beide Impfungen gegen Masern erhalten, erst dann wirkt die sogenannte Herdenimmunität, das heißt, die Masernerreger können sich nicht mehr ausbreiten. Dieses Ziel hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits 2015 gesetzt. Zwar sind zur Zeit 97% der SchulanfängerInnen in Deutschland gegen Masern geimpft, aber nur knapp gut 93% haben auch die zweite Impfung bis zum zweiten Geburtstag erhalten wie von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlen.
Was sind die Ursachen für die zu niedrigen Impfquoten? Die Gründe sind vielschichtig. Fest steht, dass nur ein kleiner Teil der Eltern sich bewusst gegen Impfungen entscheidet, zum Beispiel aus Angst vor Nebenwirkungen oder Impfschäden. Oft werden Kinder aus ganz praktischen Gründen nicht geimpft, zum Beispiel, weil sie zum Impfzeitpunkt einen Infekt hatten, oder, weil die Eltern den Impftermin vergessen haben. Manchmal fehlt den Eltern auch der Überblick über die anstehenden Impfungen bzw. der Impftermin wurde aus Zeitmangel oder Stress nicht wahrgenommen, das ergab eine Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Wie wird das Gesetz umgesetzt?
Ohne ausreichenden Impfschutz dürfen Kinder ab dem 1. März 2020 nicht in Kitas oder Schulen aufgenommen werden, so will es der Gesetzgeber. Auch für die Beschäftigten in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen, für Tagesmütter sowie für BewohnerInnen und Mitarbeitende in Unterkünften für Geflüchtete gilt: Der Masernschutz muss nachgewiesen werden. Für Kinder, die bereits zur Kita oder in die Schule gehen, muss der Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erfolgen. Von der Pflicht ausgenommen sind alle, die vor 1970 geboren sind, und diejenigen, die aus medizinischen Gründen keine Impfung vertragen. Bei Verstoß gegen das Impfgesetz müssen Bußgelder bis zu 2.500 Euro bezahlt werden.
Aufklärung statt Impfpflicht?
Kritiker bemängeln, dass ein Gesetz nicht sinnvoll sei, um unsichere Menschen von Impfungen zu überzeugen. Sie setzen auf Aufklärung statt auf Impfpflicht. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V. berichtet, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger zwar Impfbefürworter seien, allerdings habe jeder vierte Erwachsene Wissensdefizite beim Thema Auffrisch- und Wiederholungsimpfungen.
Erinnerungssysteme durch die Gesundheitsämter könnten zum Beispiel dazu beitragen, dass Eltern den Impfstatus der Kinder immer im Blick behalten und diejenigen erreicht werden, die nicht geimpft sind (zum Beispiel junge Erwachsene). Auch im Zusammenhang mit Vorsorgeuntersuchungen sollte der Impfstatus überprüft werden.
Ob eine Impfpflicht tatsächlich die Impfquote erhöht, gilt nicht als erwiesen – in einigen europäischen Ländern, wie zum Beispiel Schweden oder Portugal, liegt die Impfrate auch ohne Impfpflicht sehr hoch, Schweden gilt sogar als masernfrei.
Kritik an der Umsetzung
In vielen Kitas und Schulen herrscht Unklarheit, wie die Umsetzung konkret aussieht. Das Gesetz sieht vor, dass die LeiterInnen von Kindergärten und Schulen die Impfpässe kontrollieren. Der Deutsche Kitaverband – die Interessenvertretung der freien Kitaträger Deutschlands – kritisiert, dass für jedes Kind sowie für alle Mitarbeiterinnen in den Kitas nachträglich der Impfausweis kontrolliert werden müsse. Dadurch entstünde ein personeller und bürokratischer Verwaltungsaufwand für die Einrichtungen und der ginge wiederum zulasten der Kinderbetreuung.
Wissenswerte Infos rund um die Masern-Impfpflicht für Kinder gibt es beim Bundesgesundheitsministerium und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Text: Suse Lübker