Na, schläft es schon durch?
„Na, schläft es schon durch?“ – Diese Frage hören viele junge Eltern öfter, als ihnen lieb ist. In den ersten Wochen und Monaten nach der Geburt, wenn sie übernächtigt den Alltag meistern, hinterfragen viele das Schlafverhalten des eigenen Babys.
In den ersten Lebensmonaten sind 16 bis 18 Stunden Schlaf in 24 Stunden für Babys völlig normal. Der Wechsel zwischen Nahrungsaufnahme und Schlafen bestimmt zunächst den Babyalltag. Ob es Tag oder Nacht ist, spielt für Säuglinge noch keine Rolle.
Eltern sollten sich nicht zu sehr unter Druck setzen
„Das Besondere am Säuglingsalter ist, dass das Schlafbedürfnis der Säuglinge von dem der Eltern stark abweicht“, sagt Thomas Erler, Ärztlicher Leiter und Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik am Klinikum Westbrandenburg in Potsdam und Leiter des Kinder-Schlaflabors. „Je länger diese Diskrepanz andauert, desto müder werden die Eltern.“
Eltern, die denken, dass ihr Baby zu wenig schläft, haben meist selbst ein Problem. Und zwar mit den Schlafgewohnheiten ihres Kindes.
Eltern, die unsicher sind, ob ihr Kind genug schläft, rät Erler, ein Schlaf- und Wachprotokoll zu erstellen.
Drei bis vier Wochen lang wird notiert, wann, wie lange und unter welchen Umständen das Kind schläft. Um den Schlafbedarf pro 24 Stunden zu ermitteln, wird die gesamte Schlafmenge durch die Anzahl der protokollierten Tage geteilt.
„Meist finden die Eltern heraus, dass ihr Kind viel mehr schläft, als sie dachten“, so Erler. „Eine Schlafstörung im Sinne einer Erkrankung, die behandelt werden muss, ist relativ selten.“
Eltern sollten sich nicht zu sehr unter Druck setzen. „Für die gesunde Entwicklung ist es nicht zwingend notwendig, dass die nötige Schlafmenge in einem Stück geschafft wird“, sagt Erler. „Die Mindestmenge an Schlaf pro 24 Stunden variiert je nach Alter.“
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) verläuft das meist so:
Während des ersten Lebensjahres nimmt die Schlafmenge insgesamt ab und das Kind schläft überwiegend nachts, oft mit zwei Schlafphasen am Tag. Bis zum zweiten Geburtstag sind Kinder in der Lage durchzuschlafen.
Wann Kleinkinder aufhören, tagsüber zu schlafen, ist sehr unterschiedlich. Oft ist es im dritten oder vierten Lebensjahr soweit.
Grundschulkinder schlafen abends meist schnell ein und wachen früh auf. Sie benötigen zwischen 8 und 12 Stunden Schlaf.
In der Pubertät verringert sich das Schlafbedürfnis auf 7 bis 9 Stunden. Der Schlafrhythmus verschiebt sich nach hinten und die Jugendlichen kommen morgens nur mühsam aus dem Bett.
Phasen des Schlafes
Für eine gesunde Entwicklung ist es wichtig, dass der Mensch sowohl die aktiven als auch die ruhigen Phasen des Schlafes durchlebt.
Die aktiven REM-Phasen, in denen sich die Augäpfel unter den geschlossenen Lidern hin und her bewegen („Rapid Eye Movement“), finden im Tiefschlaf statt und sind für die Entwicklung des Gehirns unverzichtbar.
In den Non-REM-Phasen, dem sogenannten Erholungsschlaf, werden Wachstumshormone ausgeschüttet. Kinder, die über einen längeren Zeitraum nicht in den Tief- oder in den Erholungsschlaf fallen, sind nicht nur übermüdet, sondern haben Entwicklungs- und Wachstumsstörungen.
Dann kommen irgendwann alle zur Ruhe
Genau wie bei den Erwachsenen gibt es schon bei Kleinkindern unterschiedliche Schlaftypen. Die sogenannten Lerchen wachen früh am Morgen auf, sind munter und werden abends früh müde, während die sogenannten Eulen morgens Startschwierigkeiten haben und dafür in den Abendstunden besonders aktiv und leistungsfähig sind.
Damit Babys und Kleinkinder besser ein- und nachts durchschlafen, sind Rituale am Abend und Ruhe in der Nacht hilfreich. Schlafmediziner nennen das Schlafhygiene.
Dazu gehört, das Kind nicht gleich aus dem Bett zu nehmen, wenn es nachts aufwacht oder nicht sofort auf jedes Erwachen zu reagieren. Eltern sollten ihr Kind nachts auch nicht zum Essen oder Trinken animieren. „Machen Sie die Nacht nicht zum Tag“, rät Erler. Auch Licht sei ein entscheidender Taktgeber. Eltern sollten deshalb in der Nacht nur bei gedämpftem Licht und in ruhiger Atmosphäre die Windeln wechseln. Und das auch nur, wenn wirklich nötig. Dann kommen irgendwann alle zur Ruhe.
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Text: Maren Herbst